Dieses Mal entwickelt sich das Projekt zu einem Rennen gegen die Zeit – und gegen konkurrierende Teams.
Ende Mai 2012 erhielten wir eine E-Mail von Davids burmesischen Geschäftspartnern, die uns dazu anhielt, „so schnell wie möglich“ nach Myanmar zu kommen. Die Monsunsaison stand kurz bevor. Uns blieben vielleicht drei weitere Wochen sonniges Wetter, bevor die Regenstürme den Boden tränken würden, wodurch die Ausgrabungen bis November verschoben werden müssten. Noch besorgniserregender war die Tatsache, dass zwei konkurrierende britische Gruppen nach der Veröffentlichung des Zeitungsartikels vom 15. April ebenfalls Ausgrabungsgenehmigungen beantragt hatten, darunter die von Steven Boultbee Brooks, einem millionenschweren Spitfire-Liebhaber, den David Anfang April zur Finanzierung des Projekts kontaktiert hatte. Wargaming lief Gefahr, das Projekt zu verlieren, bevor es überhaupt begonnen hatte. Wir entschlossen uns, nach Myanmar zu reisen.
Ich erhielt am 29. Mai mein Visum und reiste am 30. Mai in Richtung Amsterdam ab, wo ich mich mit dem aus Großbritannien einreisenden David treffen sollte. Dann beabsichtigten wir, mittags in eine KLM-Maschine nach Kuala Lumpur zu steigen, und von dort aus mit einem Flug von Malaysian Airlines nach Yangon weiterzureisen, um am 1. Juni am Zielort einzutreffen. Nach den üblichen Unannehmlichkeiten bei der Sicherheitskontrolle der US-amerikanischen Flugsicherheitsbehörde stieg ich in eine ältere 767 von Delta Airlines, zwängte meine 175 cm in einen mittleren Sitz, und machte mich auf den unbequemen neunstündigen Flug nach Amsterdam gefasst. Kurz nach dem Start fing das Baby auf der anderen Seite des Ganges an, wie vom Teufel getrieben zu heulen. Ich hatte noch 30 Stunden Flug und Zwischenlandungen vor mir.
Moderne Flugzeugreisen haben nur wenig mit dem Glamour und Luxus gemein, wie er in der Fernsehserie „Pan Am“ von 2011 (ein in den 1960er Jahren spielendes US-amerikanisches Historiendrama) dargestellt wird. Keine lächelnden Supermodel-Stewardessen, kein auf Knochenporzellan serviertes Fünf-Gänge-Menü und keine Jet-Set-Promis, mit denen man sich die Zeit vertreiben könnte. Aber wie unangenehm moderne Flugreisen auch sein mögen, sie verblassen im Vergleich dazu, was Reisende in früheren Jahrhunderten über sich ergehen lassen mussten. Im 13. Jahrhundert benötigte Marco Polo für seine 9.000 km lange Reise durch die Wüsten und Steppen Zentralasiens mehr als drei Jahre. Im 16. Jahrhundert brauchte die vom Skorbut geplagte Mannschaft Magellans acht Monate, um die Inseln Südostasiens zu erreichen – wo Magellan kurzerhand von den Einheimischen umgebracht wurde. Nur eines der fünf Schiffe und achtzehn, der ursprünglich 270 Mann umfassenden Besatzung, schafften es drei Jahre später zurück nach Spanien. Der Rest verhungerte, ging an Tropenkrankheiten oder an Bambusspeeren zugrunde. Im 18. Jahrhundert konnten britische Kriegsfregatten und Schiffe der Dutch East India Company Asien in drei Monaten erreichen. Solche Schiffe waren eine Verbesserung gegenüber den Karavellen der vorhergehenden Jahrhunderte, doch das Leben an Bord war noch immer hart. Wie Dr. Johnson einmal scherzte: „Ein Schiff ist wie ein Gefängnis, nur mit dem Risiko, zu ertrinken“.
Im neunzehnten Jahrhundert war Asien dank der Erfindung von Dampfschiffen und des Telegrafen viel näher gerückt. Hätte ich diese Reise damals unternommen, hätte ich wahrscheinlich die Überfahrt auf einem Dampfschiff von New York nach London und dann von London weiter nach Indien buchen müssen - höchstwahrscheinlich auf einem Schiff der British India Steam Navigation Company, die ebenfalls Rangun über Kalkutta anfuhr. Die Fahrt über das Kap der guten Hoffnung hätte etwa zwei Monate gedauert – aber nach der Eröffnung des Suez-Kanals im Jahre 1869 hätte sie sich um einiges verkürzt. Von der rauen See am Kap und den Monsunen im indischen Ozean einmal abgesehen, wäre die Überfahrt nach Indien und darüber hinaus langwierig, aber erträglich gewesen. Die kleinlichen Ärgernisse und Unannehmlichkeiten der modernen Luftfahrt sind immerhin nur von kurzer Dauer. Zwar ist die Reise unbequem, aber wenigstens muss ich nicht verhungern oder ertrinken.
Versteift und müde landeten wir am Morgen des 1. Juni in Kuala Lumpur. Wir mussten jedoch feststellen, dass aufgrund der überstürzten Reisevorbereitungen, keiner von uns daran gedacht hatte, Geschenke für die Minister von Myanmar mitzubringen! Geschenke sind in Asien ein heikles Thema. Das Geschenk muss angemessen und mit Bedacht gewählt und darf nicht so teuer sein, dass es als Bestechung ausgelegt werden könnte. Idealerweise sollte es sich um etwas aus dem eigenen Land handeln. Zum Glück hatte der Geschenkeladen 40 Jahre alten schottischen Royal-Salute-Whiskey auf Lager – genau das Richtige! Wir kauften uns eine Flasche und stiegen in unser Flugzeug nach Yangon. Unser Abenteuer konnte beginnen.
<< Vorheriger Artikel | Nächster Artikel >> |
---|