19. Januar
“Wahrheit sind, dann besuchen Sie Doktor Tyree’s Philosophie-Vorlesung zwei Türen weiter. Vergessen Sie also am besten gleich alle ihre Fantasien von verlorenen Städten, exotischen Reisen und Ausgrabungen in der weiten Welt. Wir folgen keinen Karten zum vergrabenen Schatz; und ein X markiert niemals, wirklich niemals den Ort des Schatzes. Siebzig Prozent aller Archäologie findet in der Bibliothek statt. Beim Forschen. Lesen.“
Dr. Henry Walton "Indiana" Jones, Jr
Aus “Indiana Jones und der letzte Kreuzzug”, Drehbuch von Jeff Boam, Geschichte von George Lucas und Menno Meyjes.
Professionelle Archäologen mögen es normalerweise gar nicht, wenn ihr Arbeitsgebiet mit Indiana Jones aus den dazugehörigen Filmen von Steven Spielberg und George Lucas in Verbindung gebracht wird. In diesem Fall jedoch hatte Dr. Jones durchaus Recht. Tatsächlich hat er vielleicht sogar noch unterschätzt, wie viel Prozent an Arbeitszeit ins Recherchieren eines Projekts in der Bibliothek, privaten Archiven und der „Manchmal-Goldgrube“ Internet investiert wird.
Bevor wir auch nur einen Fuß ins Flugzeug nach Yangun setzten, hatte das Burma-Spitfires-Team bereits ausführliche Dokumentrecherchen im RAF Museum und den UK National Archives in Kew durchgeführt. Ihr Ziel war es, der Geschichte rund um die verlorenen Spitfires des RAF Mingaladon auf den Grund zu gehen, und auch den Kontext zu recherchieren, der zum Verstehen des Materials unverzichtbar ist. Schließlich sollte unsere Expedition nicht auf Basis von fehlerhaften und lückenhaften Erinnerungen von Zeitzeugen von Statten gehen. Nein, das Team war auf der Suche nach belegbaren, dokumentarischen Nachweisen, die von Militär- und Regierungsbehörden 1945 und 1946, während der Zeit der Entstehung der Legende und Gerüchte rund um die vergrabenen Spitfires, verfasst worden waren, als das Thema das erste Mal aufgegriffen wurde.
Die Recherche nach brauchbaren Zeitdokumenten begann bereits als die Geschichte der Burma Spitfires das erste Mal im Daily Telegraph im Frühling 2012 gedruckt wurde. Von einer einzigen Fallakte, die von David Cundall zusammengestellt wurde, wuchs das Recherchenteam zur Suche nach Hintergrundinformationen rasch an, bis es im Oktober 2012 bereits drei Spezialisten umfasste. Diese kümmerten sich auch darum, Interviews mit Zeitzeugen und Experten an Land zu ziehen, die für den Dokumentarfilm von Room 608 Productions befragt wurden, der David Cundalls Suche nach den Spitfires dokumentieren soll.
Diese ausführliche, objektive Analyse des verfügbaren Dokumentar-Materials ist von unglaublicher Bedeutung, da in der Archäologie Kontext unverzichtbar ist.
Ein aus dem Boden herausgeholtes Objekt ist und bleibt nur ein Objekt. Selbst wenn es sich dabei um etwas so wunderschönes und ikonisches wie eine Spitfire handelt. Im Umkehrschluss ist ein ausgegrabenes Objekt, das gleichzeitig im dokumentarischen und physischen Kontext betrachtet werden kann, auch ein Werkzeug, das helfen kann, der Geschichte eine tiefere Bedeutung und Wert zu verleihen, da es eine direkte Verbindung in die Zeit, den Ort und die Menschen seiner Gegenwart darstellt.
Der Lesesaal der British Library
Alle unsere Nachforschungen zielen darauf ab, eine Handvoll von Grundfragen zu beantworten, was uns hoffentlich dabei helfen wird, handfeste Informationen zu finden, die uns ermöglichen werden, die Geschichte der verlorenen Spitfires so zu rekonstruieren, wie sie von den Menschen von 1945/46 erlebt wurde. Es ist unser Ziel, mit diesem Wissen im Hinterkopf, die Suche nach den Maschinen am Mingaladon/Yangun International Airport zu beginnen. Hier sind die Fragen, auf die wir eine Antwort suchen:
Wir haben uns außerdem detaillierte Fragen in Bezug auf den physischen Kontext der Ausgrabungsstätte am Yangun International Airport angeschaut.
Wir sehen es als unverantwortlich, potentiell gefährlich und zutiefst respektlos gegenüber den Männern und Frauen im Dienst und deren Familien an, eine Ausgrabung auf einer Militärstätte zu beginnen, ohne eine solche Risiko-Überprüfung durchzuführen. So eine wichtige Aufgabe muss unter allen Umständen von professionellen, dafür ausgebildeten Teammitgliedern gehandhabt werden. In unserem Fall wurde diese Arbeit von Field Director Martin Brown koordiniert, der ausufernde Erfahrung im Umgang mit Behörden für Kriegsopfer und Hinterbliebene durch seine Teilnahme am „Plugstreet Project“ in Belgien sammeln konnte. Ihm zur Seite standen das Defence Infrastructure Organisation Historic Environment Team sowie Feld-Archäologe und UXO-Spezialist Rod Scott, der nun im Royal Logistics Corps dient.
Wir begeben uns nun in die Phase des Projekts, bei der unsere Arbeit in der Bibliothek im Feld Früchte zu tragen beginnt. Hier werden unsere Nachforschungen uns entweder helfen, zurechtweisen oder durch das Resultat des Ausgrabungsteams, unter der Leitung von Martin Brown und seiner Unterstützung von Rod Scott und Profi-Gräber Manny Mercado, komplett widerlegt werden. Um es mit den Worten der Landschafts-Archäologie zu sagen: Das Team hat begonnen, die Legende von Mingaladon zu „Erd-bewahrheiten“ (to groundtruth im Englischen). Dabei werden unsere Theorien und dokumentarischen Recherchen gegen die tatsächlichen Funde im Boden aufgewogen. Die Dokumente erzählen uns einen Teil der Geschichte. Dieser Teil ist oft faszinierend und sehr lebhaft, selbst wenn er die penible Militär-Bürokratie Großbritanniens beschreibt. Aber wie Inidana Jones schon eingangs richtig sagte, führt auch hier kein X am Boden zum Fundort des Schatzes. Sogar die Geophysik kann nur Vorschläge zur potentiellen Lage von zielen machen, die das Team dann auf ihre Richtigkeit überprüfen muss.
Zusammengenommen, erzählen die Dokumente eine bewegende und sehr menschliche Geschichte darüber, was genau auf dem RAF Mingaladon vorgefallen ist, als der Zweite Weltkrieg sich dem Ende entgegen neigte und die Menschen von Burma sich auf die Unabhängigkeit vorbereiteten. Wir werden herausfinden, ob die Geschichte mit der Legende von Mingaladon übereinstimmt, und ob sie von den „Fakten im Erdreich“ bestätigt oder widerlegt wird.
<< Vorheriger Artikel | Nächster Artikel >> |
---|